Ballistic, Sadistic

  • Review: Annihilator - Ballistic, Sadistic:

    Was man über die kanadische Thrash-Kapelle Annihilator auch sagen will, fest steht, dass Gitarrero und Alleinunterhalter Jeff Waters zu den fleißigsten Musikern zählt, die das Genre so zu bieten hat. Nicht weniger als siebzehn Alben sind seit dem legendären "Alice In Hell" erschienen, von denen zwar keines am Status des Debüts kratzen konnte und unter denen sich auch einige Totalausfälle fanden, die aber andererseits doch zum Großteil mit sehr Headbang-barem Material aufwarten konnten. Das neueste Werk aus der vor Kurzem nach England übergesiedelten Stahlschmiede hört auf den Titel "Ballistic, Sadistic", was phonologisch ein sehr gewagter Versuch eines Reims ist, doch das soll und wird den geneigten Thrasher nicht abhalten, wenn er sich vor den heimischen Plattenspieler klemmt, um dem Album die angemessene Anzahl Umdrehungen zu spendieren. Doch wie ist es um die Qualität des neuen musikalischen Outputs bestellt?

    1. Armed To The Teeth:
    Los geht es auf jeden Fall schon mal genau so, wie man sich das von einem Annihilator-Output erwartet. "Armed To The Teeth" wurde nicht umsonst von der Band schon vorab auf den Markt geworfen (allerdings mit recht fragwürdigem Video, siehe dazu die Diskussion in unserem Heavy Monday) und wartet mit allen Trademarks der Gruppe auf: das typisch Water'sche, absolut beeindruckende Flitzefinger-Geriffe, eine aggressive Grundstimmung und ein Geschwindigkeits-Level, das den geneigten Hörer zum eifrigen Headbangen quasi zwingt. Wie schon auf dem letzten Output der Kanadier geht der Opener also voll auf die zwölf, wobei auch eine gute Portion Melodie nicht vergessen wurde, die dem dargebotenen Geprügel die nötige Nahbarkeit verleiht. Ganz klar: Hier handelt es sich um Thrash Metal der Premium-Qualität!
    9/10 Punkte

    2. The Attitude:
    Auch die zweite Nummer ist eindeutig im gehobenen Tempo-Segment unterwegs, doch geht die Band hier nach einer anderen Marschroute vor als auf dem furiosen Opener. Ein deutlich hörbarer Punk-Einschlag zeichnet "The Attitude" aus, was die Nummer gewissermaßen zu einem Unikum auf dem Album macht. Nichtsdestotrotz ist der Song aber dennoch eindeutig im Thrash Metal verhaftet und bringt mit seiner großen Agilität direkt zu Beginn etwas Abwechslung auf die CD. Gute Nummer, wenn auch etwas unerwartet!
    7/10 Pkt.

    3. Psycho Ward:
    "Psycho Ward" war die zweite Single von "Ballistic, Sadistic" und unterscheidet sich dann doch sehr deutlich von den beiden vorangegangenen Machwerken. Hier wird zur Abwechslung mal nicht auf's Gaspedal getreten, stattdessen erlebt man einen Ausflug in recht Aggressions-arme, geradezu sleazige Gefilde, wie sie Jeff Waters (leider) immer wieder auf seinen Alben einstreut. Sicher, die Nummer ist eingängig, aber mit Thrash hat die Angelegenheit eher wenig zu tun und unterbricht damit den Drive des Albums. Dass die verwendeten Melodien wirklich nicht von schlechten Eltern sind, rettet den Song noch ins Mittelmaß, trotzdem deutlich schwächer als der Start des Longplayers.
    5/10 Pkt.

    4. I Am Warfare:
    Bei Song Nummer vier, "I Am Warfare", handelt es sich um die ersten Töne, die man überhaupt vom neuen Album zu hören bekommen hat. Und wenn - so viel sei zu diesem Zeitpunkt vorweg genommen - "Ballistic, Sadistic" für Annihilator-Verhältnisse ein sehr konservatives Machwerk ohne große Experimente ist, dann werden bei dieser Nummer am ehesten all diejenigen fündig, die nach dem typischen Jeff Waters-Wahnsinn suchen. Kommen die Strophen noch als rabiate Thrasher daher, so wird für den Refrain das Tempo plötzlich herausgenommen und von einer kauzigen, beinahe dissonanten Melodie abgelöst. Spätestens in der Bridge dann überrascht die Nummer immer wieder mit unerwarteten Twists und Breaks. Ein Song, den man sich als Hörer erarbeiten muss - der Rezensent jedenfalls blieb beim ersten Hören eher ratlos zurück -, der es aber wert ist, mausert sich die Nummer doch nach und nach zu einer der stärksten des Albums!
    8/10 Pkt.

    5. Out With The Garbage:
    "Out With The Garbage" setzt die eben eingeschlagene Richtung konsequent fort, auch hier lässt Jeff seiner eher progressiven Seite freien Lauf, wenn auch vielleicht nicht mit ganz so viel Exzentrik wie auf dem letzten Track. Auch bei dieser Nummer bleibt dabei jedoch keineswegs die Aggressivität und der Thrash-Faktor auf der Strecke, sodass man eine starke, modern aber doch traditionsbewusst ausgerichtete Nummer vor sich hat.
    7/10 Pkt.

    6. Dressed Up For Evil:
    Die letzte Single-Auskopplung des neuen Albums ist wohl derjenige Song, der sich am stärksten an die ganz frühen Anfänge der Band-Geschichte anlehnt. Bei aller Freude über diese klassischen Achtziger-Vibes muss man jedoch feststellen, dass die Nummer songwriterisch eher nur Durchschnitt ist. Von "altbacken" zu reden, wäre an dieser Stelle vielleicht nicht ganz fair, doch eine Verschnaufpause stellt der Track in einem Album, das über weite Strecken bislang einem Inferno gleicht, sicherlich dar.
    5/10 Pkt.

    7. Riot:
    "Riot" bemüht sich wieder um etwas mehr Innovation, bleibt aber qualitativ in etwa auf dem Level des Vorgängers. Grade wenn die Kompositionen, wie hier der Fall, ein Wenig nachlassen und die Gitarren-Magie nicht jeden Gedanken an ernsthafte Kritik einfach so weg-solieren kann, fällt auch deutlich auf, dass Jeff als Sänger nicht ansatzweise die Klasse hat wie als Instrumentalist. Auf diesem Posten könnte den Kanadiern eine personelle Verstärkung doch deutlich gut tun.
    6/10 Pkt.

    8. One Wrong Move:
    Über die nächste Nummer lässt sich im Prinzip genau dasselbe sagen wie über die vorherige. Böse Zungen würden behaupten, dass gerade diese beiden Songs einander so sehr ähneln, dass sie beinahe zu einem verschwimmen, und noch bösere Zungen würden ergänzen, dass Jeff und seinen Mannen gegen Ende dann eben doch ein wenig die Puste ausgeht. Wiederum ist der recht modern anmutende Song keineswegs schlecht, dürfte jedoch im gewaltigen Backkatalog der Band gnadenlos untergehen.
    6/10 Pkt.

    9. Lip Service:
    "Nanu, die Nummer kennen wir doch?", dürfte sich fast jeder gedacht haben, der mit den Band-Klassikern von Annihilator vertraut ist, denn die vorletzte Nummer des Longplayers klingt in beinahe penetranter Weise nach "Knight Jumps Queen" vom "Set The World On Fire"-Album. Nun finden sich auch in anderen Songs von "Ballistic, Sadistic" hier und da Referenzen auf andere Werke der Band und im Zweifel ist gut abgekupfert wohl besser als schlecht neu gemacht, aber dieser Song klingt dann doch so deutlich nach einer billigen Kopie, dass dafür unmöglich mehr als die mittlere Punktzahl vergeben werden kann, trotz coolen Thrash-Riffs und einer schönen Melodie im Solo-Part.
    5/10 Pkt.

    10. The End Of The Lie:
    So naht also der letzte Song und als Hörer bangt man schon ein Wenig, ob die Kanadier ihr neuestes Werk wohl noch zu einem erfreulichen Abschluss bringen werden. Doch alle Sorge ist umsonst, denn mit "The End Of The Lie" liefern Jeff und Co. noch einmal ordentlich ab. Hier braten die Gitarren, wenn auf der Sechssaitigen zum Abschluss noch einmal feinstes Riff-Gefrickel aufgefahren wird, um den Longplayer mit einem Knall, den man seinerzeit beispielsweise auf "King Of The Kill" vermisst hat, ausklingen zu lassen, wobei jedoch in der Bridge mit einem etwas weniger aggressiven Part auch für die Prise Überraschung weiterhin gesorgt ist. Stark!
    8/10 Pkt.

    Fazit:
    Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass sich Annihilator nach dem gutklassigen, aber teilweise noch etwas verspielten letzten Album weiter gesteigert haben und ohne Frage eines ihrer besseren Machwerke abliefern. "Ballistic, Sadistic" bleibt sich selbst treu, ergeht sich nicht in übermäßigen Abweichungen von der eingeschlagenen Thrash-Marschroute und überzeugt wie immer mit brillanter technischer Arbeit, besonders natürlich in den Gitarren. Die furiose erste Hälfte lässt dabei schon beinahe einen modernen Klassiker erwarten, ehe das Album dann doch etwas abfällt - doch letzten Endes ist auch das die Qualität einer wahrlich großen Band, ganz am Ende im genau richtigen Augenblick dann nochmal mit einer Thrash-Keule um die Ecke zu kommen, die sich gewaschen hat. So bleibt letztlich ein Album, das wohl jeden Fan blitzschneller und technisch hochwertiger Gitarrenarbeit zufrieden stellen wird und an dem sich die kommenden Outputs dieses Jahres im Thrash Metal-Sektor messen lassen müssen.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

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