• Review: Kreator - Gods Of Violence

    Fünf Jahre hat es gedauert, bis uns Kreator mit "Gods Of Violence" den heiß ersehnten Nachfolger zu "Phantom Antichrist" geliefert haben. Etwas Skepsis war ja durchaus angebracht, denn auf Album Nummer 13 hatten die Herren aus dem Ruhrpott sich an einigen Experimenten versucht, die wahrlich nicht jeden Fan zufrieden stellten. Zwar wurde das Album in einschlägigen Magazinen in den Himmel gelobt, doch konnte es dem Vergleich mit den Klassikern der Band nicht ganz standhalten. Insbesondere gegenüber den Achtziger-Alben wie "Endless Pain" oder auch "Coma Of Souls" von 1990 war das Werk dann doch einen Tacken zu glatt geraten, die Refrains atmeten bisweilen schon sehr stark den Spirit des Stadion-Rock und verloren dabei ein Wenig die dreckige Angepisstheit, die den Thrash Metal normalerweise auszeichnet. Aber damit genug der vergangenen Geschichten, hier soll es ja um das neue Album gehen und nicht um eine Kreator-Bio und so starten wir direkt mit...

    1. Apocalypticon:
    Das Intro des Albums übernehmen nicht Kreator selbst, sondern die Italiener von Fleshgod Apocalypse. Eine sehr epische Einstimmung auf das Album, die man von Kreator jetzt vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte, aber an sich nett gemacht. Ein Intro ist jetzt natürlich auch selten etwas, was einen wirklich aus den Latschen haut, sondern soll ja nur einen gewissen Vorgeschmack auf das geben, was man in den nächsten rund fünfzig Minuten zu erwarten hat. Dementsprechend vergebe ich...
    5/10 Punkte

    2. World War Now:
    Es folgt der eigentliche Opener des Werkes und der geht gleich mal richtig in die Vollen! Nicht übermäßig schnell, aber mit einer unbändigen Aggressivität und einem absolut genialen Refrain, in dem Mille zeigt, dass man auch mit rund fünfzig noch ganz böse klingen kann. Da könnten sich einige Kollegen mal eine Scheibe abschneiden. Eigentlich hätte das Teil hier tatsächlich das Zeug zu einem Klassiker in der Banddiskographie, würde man nicht in der Bridge plötzlich einen ziemlichen Stilbruch begehen und zu einem regelrecht melodischen Ansatz umschwenken. Dennoch alles in allem ein guter Song, der aber noch besser hätte sein können.
    7/10 Pkt.

    3. Satan Is Real:
    Der Song, der das Trio der Tracks einleitet, die auch als Videoserie veröffentlicht wurden. Von diesen dreien ist "Satan Is Real" mit Abstand der untypischste für Kreator. Mäßig treibend betont die Nummer weniger die pfeilschnelle Aggression als vielmehr eine unterschwellige Bosheit. Das mag man als Stilbruch im Schaffen der Band bezeichnen, man muss jedoch anerkennen, dass die Nummer hier ausgesprochen gekonnt wirkt und richtig Spaß beim Hören macht. Sicher nichts für Schubladendenker, aber meiner Meinung nach eine geile Nummer!
    7/10 Pkt.

    4. Totalitarian Terror:
    So, hier bekommt man jetzt die ganz andere Seite von Kreator gezeigt. Der wohl schnellste und kompromissloseste Song des Albums, der Track hätte gut und gerne auch auf "Violent Revolution" oder "Enemy Of God" stehen können. Die Nummer ist genau das Futter, auf das man als Fan der früheren Alben gewartet hatte und obwohl man im Hause Kreator sicherlich schon qualitativ höherwertige Speed-Granaten gezimmert hat, hat man hier ein starkes Stück am Start, das in der Bridge sogar noch zum Headbangen einlädt.
    8/10 Pkt.

    5. Gods Of Violence:
    Der Titeltrack des Albums beginnt mit einem relativ atypischen und ruhigen Gitarrenpart, der nach knapp einer Minute in den eigentlichen Song übergeht, welcher dann erneut sehr energetisch nach vorne geht und den geneigten Headbanger mit starkem Riffing und einem äußerst eingängigen Refrain zur Gänze zufriedenstellt. Zur musikalischen Klasse von Kreator muss man hier wohl keine Worte mehr verlieren, technisch ist das ganze einmal mehr auf sehr hohem Niveau angesiedelt.
    7/10 Pkt.

    6. Army Of Storms:
    Nachdem die Scheibe ja bisher quasi nur aus richtig starken Songs bestand, kann Track Nummer sechs daran leider nur noch bedingt anschließen. Hier findet sich genau das, was auch "Phantom Antichrist" schon geschwächt hatte: Der ganze Song ist auf den Refrain ausgerichtet, der dann allerdings nicht die Härte hat, um vollends überzeugen zu können. Milles Texte sind wie auf dem ganzen Album ambitioniert, gesellschaftlich relevante Themen anzusprechen, doch scheitert es dabei leider massiv an der Ausarbeitung, sodass letztlich immer wieder die gleichen Versatzstücke aneinander gereiht werden - was man ja auch über die Live-Ansagen des Kleinen behaupten kann.
    5/10 Pkt.

    7. Hail To The Hordes:
    Wieder ein Track von der Machart des letzten, allerdings von der Klasse her mindestens zwei oder drei Level darüber angesiedelt! Eine absolute Bandhymne, die gut und gerne das Zeug zu einem Alltime-Klassiker hätte - wenn, ja wenn man den Gastauftritt von Boris Pfeifer am Dudelsack weggelassen hätte! Was man sich dabei gedacht hat, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Nur als Revanchierung für Milles Auftritt bei In Ex zuvor wäre das ganze irgendwie verständlich, was auch erklären würde, warum man den Boris so weit wie möglich in den Hintergrund zu mischen versuchte. Dennoch wird so ganz am Ende noch das Feeling des kompletten restlichen Songs konterkariert. Nichtsdestotrotz ist die Nummer an sich geil, aber letzten Endes komme ich so "nur" auf...
    8/10 Pkt.

    8. Lion With Eagle Wings:
    Vom Intro dieses Songs tut mir jedes mal alles weh. Danach geht das Stück ganz ordentlich nach vorne, baut dabei aber auch immer wieder Elemente des "neuen", zahmeren Kreator-Sounds ein, die dem Song letztlich besonders dem Refrain schaden. Symptomatisch für Kreator dieser Tage ist die Gitarrenarbeit von Sami, der zwar technisch auf höchstem Niveau mithalten kann, aber mit seiner sehr kontrollierten Spielweise auch maßgeblich Schuld daran trägt, dass sich die Band auf Tracks wie diesem immer mehr dem Metal-Mainstream anbiedert. Teile der Bridge sind schon wirklich hart an der Grenze zum Kitsch. Die Klasse von Kreator rettet den Song aber, und so gibt's hier...
    6/10 Pkt.

    9. Fallen Brother:
    Ein Song, der ja auch - wie ungefähr das halbe Album - ein eigenes Video erhalten hat und der als eine Hommage an die vielen verstorbenen Metal-Größen gedacht ist und auch nur als das gesehen werden sollte und nicht als mehr. Nur in diesem Zusammenhang erklären sich die vielen Ungereimtheiten des Songs - ein extrem unspannendes Midtempo, deutsche Textzeilen sowie eine Gedichteinlage in der Bridge - und geben ein stimmiges Gesamtbild. So wird der Track seinem Anspruch vollkommen gerecht, wenn man ihn auch klar vom Rest des Albums separat betrachten muss.
    8/10 Pkt.

    10. Side By Side:
    Ein weiterer Song der eher neueren Prägung der Band. In der Gesamtschau wohl der durchschnittlichste Track des Albums. Erneut überstrahlt die technische Klasse des Vierers das extrem mittelmäßige Songwriting bei weitem, positiv wären allenfalls noch die Lyrics anzusprechen, mit denen die Band ein klares Zeichen gegen Homophobie setzt. Negativ steht da gegen - mal wieder - ein extrem ruhiger Gitarrenpart zu Buche - vielleicht sollte der Mille einfach mal ein Akustik-Album aufnehmen, dann könnte er sich diesbezüglich austoben, unter dem Kreator-Banner wirkt das ganze allerdings etwas deplatziert.
    5/10 Pkt.

    11. Death Becomes My Light:
    Puh, was soll man zu einem solchen Song sagen? Scheinbar haben sich die Herren hier vom Abschluss des letzten Maiden-Outputs inspiriert gefühlt, ein ähnlich verkünsteltes, wenn auch nicht ganz so übertrieben melancholisches Stück aufzunehmen. Nicht, dass die Jungfrauen im Rest des Albums nicht in der Gitarrenarbeit durchschimmern würden, doch wird der Einfluss hier nochmal insbesondere deutlich. Mit Kreator hat dieser Song eigentlich absolut nichts zu tun, dennoch kann man nicht leugnen, dass einige Parts trotz allem extrem stark geraten sind. Hätte man daraus einen "normalen" Song gemacht, statt wie hier zu versuchen, sich auf Gedeih und Verderb selbst ein Denkmal zu setzen, hätte das etwas wahrlich großes werden können. So halten sich geile und fast schon peinliche Parts relativ die Waage.
    6/10 Pkt.

    Fazit:
    Ein Ausfall ist es nicht geworden, das neueste Kreator-Baby, dafür sorgen der Beginn der Scheibe und die Qualität der Band. Leider zeigt man sich hier allerdings noch melodiöser und glatter als auf "Phantom Antichrist" und schwört an einigen Stellen dem Thrash Metal vergangener Tage fast gänzlich ab. Sicher, auf dem Album finden sich auch noch echte Oldschool-Highlights, die jedem Fan der ersten Stunde Spaß machen dürften, doch erreicht man nicht die Klasse des Vorgängers und ist von Meisterwerken wie "Hordes Of Chaos" mittlerweile schon ein ganzes Stück entfernt. Mag "Gods Of War" auch in vielen Momenten zu überzeugen wissen, so stehen Kreator nach diesem Output endgültig am Scheideweg: Entweder man zieht jetzt die Härteschraube wieder kräftig an und betrachtet die Jahre 2012 bis 2017 als einen kleinen Ausflug in softere Gefilde, oder man versinkt endgültig in der musikalischen Belanglosigkeit. Die Antwort hierauf wird es wohl erst in einigen Jahren geben, wenn beim nächsten Album hoffentlich wieder mehr Slayer als Maiden durchscheinen; solange muss man konstatieren, dass sowohl die internationale Konkurrenz als auch die nationale in Form von Sodom und Destruction Mille und Co. im Moment einen Schritt voraus ist. Und schon bald wird mit "The Grinding Wheel" die nächste Scheibe das Licht der Welt erblicken, der gegenüber "Gods Of War" im Vergleich einen schweren Stand haben dürfte.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

  • Gutes Review. Vorallendingen bei "World War Now" stimme ich dir zu.
    Was mich dennoch positiv stimmt, war der Live-Auftritt letzte Woche, die starken Songs des Albums wurden gut in Szene gesetzt und ich denke, Kreator haben sich nicht selbst vergessen. Jetzt erstmal 5 Jahre warten, hoffentlich gibts dann wieder Sodom, Testament und Kreator im Dreierpack

    Burning muscle, feel the pain!

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