Annihilator - For The Demented

  • Review: Annihilator - For The Demented:

    "Back to the roots" sollte das neue Album gehen, verkündete Jeff Waters stolz vor dem Release seines neuesten Werkes "For The Demented" und das Aufatmen der Fangemeinde war förmlich spürbar. Nach dem über weite Strecken lahmen "Suicide Society" und dem vollkommen überflüssigen Box-Set "Triple Threat" war eine Rückbesinnung auf die im klassischen Thrash liegenden Wurzeln der Kanadier längst überfällig. Für diese Mission hat Jeff wieder einmal fast seine gesamte Band ausgetauscht, lediglich Rhythmus-Klampfer Aaron Homma war auch schon auf dem letzten Studio-Output an Bord; ergänzt wird die Mannschaft zudem durch Rich Hinks (Bass) und Fabio Alessandrini (Drums). Heißt aber natürlich auch: Die Vocals werden einmal mehr von Jeff selbst übernommen, der traditionell hinter dem Mikro eine wesentlich schwächere Figur abgibt als an der Gitarre. Macht aber auch nichts, denn für großartige Sänger waren Annihilator noch nie bekannt und so geht es los mit...

    1. Twisted Lobotomy:
    ... einer Thrash-Granate, die auf den Titel "Twisted Lobotomy" hört. Und was für eine Nummer das ist! Eine geniale Gitarrenarbeit im Highspeed durchgeprügelt und eine sehr coole Chorus-Sektion machen die Nummer zu einem absoluten Highlight und lassen fünfundneunzig Prozent aller Metal-Gitarristen erst mal mit heruntergeklappter Kinnlade im Regen stehen. Ein absoluter Hit und mit Sicherheit zurecht auch die erste Single, die aus dem Album ausgekoppelt wurde.
    9/10 Punkte

    2. One To Kill:
    Auch dieser Track war ja schon vorab veröffentlicht worden. Im Vergleich zum alles vernichtenden Opener fällt diese Nummer hier sicherlich ab, da das Gaspedal hier nicht voll durchgetreten wird und auch einige melodiöse Parts, die klar die Annihilator neuerer Prägung durchscheinen lassen, Platz gefunden haben. Dennoch ist das hier unter dem Strich ein absolut typischer Song für die Band und ein Thrasher, nach dessen Riffs sich James Hetfield wohl alle Finger ablecken würde.
    8/10 Pkt.

    3. For The Demented:
    Ein sehr stimmungsvolles, fast apokalyptisches Gitarren-Intro, das gewisse Assoziationen zu Accept weckt, eröffnet den Titeltrack der Scheibe. Leider bleiben die ersten fünfzig Sekunden des Songs aber auch das Highlight, denn danach entfaltet sich eine sehr gemäßigte Nummer, die zwar durchaus über einige feine Melodie-Lines verfügt, letztlich aber nicht den Druck entwickeln kann, der nötig wäre, um die Angelegenheit wirklich interessant zu gestalten. Sicherlich kaum wirklich als Mittelmaß zu bezeichnen, aber halt auch kein Highlight.
    6/10 Pkt.

    4. Pieces Of You:
    Es folgt die Überraschung des Albums schlechthin. Annihilator-Balladen haben normalerweise die Angewohnheit, zwischen "hörbar" und "furchtbar" zu oszillieren, aber mit dieser Nummer hat sich Jeff eindeutig selbst ein Denkmal gesetzt. Parallelen zu Metallicas "One" sind wohl nicht von der Hand zu weisen, Atmosphäre und auch Qualität der Songs sind definitiv vergleichbar. Das Highlight des Albums schlechthin und eine der besten Balladen der letzten Jahre. Noch eindrucksvoller wird der blutige Text durch das FSK18-Video, das zu dem Song gedreht wurde.
    10/10 Pkt.

    5. The Demon You Know:
    Mit dem nächsten Track geht es dann wieder in der gewohnten Art und Weise weiter, allerdings ohne gleichermaßen überzeugen zu können wie die letzten Nummern. Das Stück kommt ähnlich wie der Titelsong eher rockig als thrashig, insbesondere die fast ausschließlich vom Bass getragenen Strophen wirken doch etwas deplaziert und auch im Refrain wird die Härte-Schraube kaum angezogen. Immerhin kann das wie immer starke Solo etwas herausreißen.
    5,5/10 Pkt.

    6. Phantom Asylum:
    Doch schon mit dem folgenden Song wird dieser leichte Durchhänger wieder vergessen gemacht, "Phantom Asylum" ist ein typischer Uptempo-Banger mit viel Atmosphäre und ganz klarer Waters-Handschrift, der nach einem erneut schön gemachten Intro losgeht. Im Refrain wird es dann fast ein wenig Groove Metallisch, allerdings werden die Einflüsse so eingesetzt, dass sie dem Ergebnis zuträglich sind ohne die Nummer platt wirken zu lassen. Starker Song!
    7/10 Pkt.

    7. Altering The Altar:
    Ein Song, von dem ich wirklich nicht weiß, was ich davon halten soll. An sich hat man hier einen absolut grundsoliden Thrasher vor sich, doch klingt das ganze leider über die gesamte Spielzeit so, als hätte man das so ähnlich von Annihilator schon gehört. Das mag man jetzt als positives Zeichen werten, denn immerhin besinnt sich Jeff hier wieder auf seine eigene Identität, anstatt wie noch auf "Suicide Society" schamlos bei Metallica und Megadeth zu klauen, aber wenn die "King Of The Kill"-Ära derart überdeutlich grüßt, gibt es von mir nicht mehr als...
    6/10 Pkt.

    8. The Way:
    Es folgt der klare Tiefpunkt des Albums. An sich ist die musikalische Leistung hier gar nicht mal übel, aber die stilistische Ausrichtung lässt den geneigten Thrasher doch mit einem verwirrten Stirnrunzeln zurück. Messerscharfe Riffs sucht man hier vergeblich, stattdessen hat man eine hardrock-artige Nummer mit einem gewissen Punk-Einschlag. Sorry, aber sowas will ich vielleicht von den Backyard Babies hören, aber nicht von Annihilator. Variabilität in allen Ehren, aber das hier passt weder zur Band an sich noch auf das Album.
    3,5/10 Pkt.

    9. Dark:
    Auf dem vorletzen Platz folgt dann ein Instrumental-Stück. Auch diese Nummer ist sehr atypisch gehalten, besteht der Track doch fast ausschließlich aus ruhigen und düsteren Gitarrenklängen, wo man eigentlich einmal mehr rasend schnelle Waters-Gitarrenläufe erwartet hätte. Schlecht ist das ganze aber in jedem Fall nicht, zumal ein zwischenzeitlich eingeschobener härterer Gitarren-Einsatz die Chose noch etwas auflockert. Als Interludium nicht schlecht.
    6/10 Pkt.

    10. Not All There:
    Dennoch ist der Abschluss der Platte dann nochmal eine ganze Ecke versöhnlicher. Eine schnelle, vergleichsweise geradlinige Nummer rundet das Album ab. Hier wird die Rückbesinnung der Band auf alte Tugenden nochmal sehr deutlich, dieser Track hätte in dieser Form auch leicht auf einem der beiden ersten Outputs der Kanadier stehen können und wäre stilistisch nicht aufgefallen. Ein sehr starker Song, der die Band nach dem eher experimentellen Abschnitt zuvor wieder in der Spur zeigt und bei dem selbst der funkige Part gegen Ende sich nahtlos einfügt.
    8/10 Pkt.

    Fazit:
    Den Umschwung nach den zuletzt eher verzichtbaren letzten Veröffentlichungen zu einem wieder ausgesprochen starken Album haben Jeff Waters und seine Truppe also geschafft. Zwar finden sich auch auf "For The Demented" einige eher unscheinbare und eine richtig schwache Nummer, doch ist der Gitarren-Gott eben auch nach wie vor in der Lage, Hits wie "Twisted Lobotomy" zu schreiben und hat scheinbar neuerdings sogar sein Faible für balladeske Töne entdeckt. So ist das neue Album wohl einer der stärksten Thrash-Outputs des Jahres und gehört sicher auch zu den besten Annihilator-Longplayern seit 2000. Wenn die Kanadier es schaffen, diese Marschrichtung weiterzuverfolgen und auf ihrem nächsten Output noch konsequenter zurück in die Ecke des klassischen, technisch versierten Thrash Metals gehen, könnte man dieses Niveau eventuell nicht nur halten, sondern sogar erhöhen.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

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